Ozeanriese, Festungslegende und NS-Ordensburg

Originalschauplätze der Geschichte barrierefrei erleben

Wie hat es sich angefühlt, in der Nachkriegszeit mit einem Handelsschiff in See zu stechen? Wie ist eine unbezwingbare Festung aufgebaut? Und was bezweckten die Nationalsozialisten mit ihren „Ordensburgen“? An Originalschauplätzen wird Geschichte zum Erlebnis – und das oft überraschend barrierefrei. Diese Inlandsreiseziele empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft „Leichter Reisen – Barrierefreie Urlaubsziele in Deutschland“ Kulturinteressierten für die kommenden Herbst- und Wintermonate.

Hansestadt Rostock: Farbenrausch und Seemannstolz

Schwimmendes Museum: Das Schifffahrtsmuseums Rostock macht Geschichte und Gegenwart der Schifffahrt an der Ostseeküste in einem originalen 10.000-Tonnen-Frachter erlebbar. Gleich mehrere Decks sind barrierefrei zugänglich. Foto: Erik Gross

Schwimmendes Museum: Das Schifffahrtsmuseums Rostock macht Geschichte und Gegenwart der Schifffahrt an der Ostseeküste in einem originalen 10.000-Tonnen-Frachter erlebbar. Gleich mehrere Decks sind barrierefrei zugänglich. Foto: Erik Gross

Backsteingotik, Studentenszene und maritimes Flair: Die Hansestadt Rostock hat viele Facetten. Ein jährlicher Besuchermagnet ist die Hanse Sail, zu der jährlich im August mehr als 100 stolze Traditions- und Großsegler im Hafen einlaufen. Doch auch im Winterhalbjahr lohnt die Reise in die Küstenstadt. Atmosphärisch illuminiert präsentiert sie sich während der Rostocker Lichtwoche vom 3. bis 8. November. Zahlreiche öffentliche Gebäude und Plätze werden dafür mit Installationen, Projektionen, Laser- und Feuershows in Szene gesetzt. Dazu gibt es Konzerte, Walking Acts und Führungen.

Ein Museumshighlight mit überregionaler Strahlkraft ist das Schifffahrtsmuseum im IGA Park. Deutschlands größtes schwimmendes Museum erstreckt sich über vier Decks des 10.000 Tonnen schweren Ozeanriesen „MS Dresden“. Eine weitgehend barrierefreie Dauerausstellung führt hier durch originalerhaltene Räume mit historischen Interieurs aus den 1950er Jahren. Noch bis Mai ist zusätzlich die familienfreundliche Sonderausstellung „PIRATEN. Mythos und Wirklichkeit“ zu erleben.

Ein Geheimtipp im Ortsteil Warnemünde ist das Heimatmuseum. In einem historischen Fischer- und Schifferhaus erzählt die liebevoll gestaltete und ebenfalls barrierefreie Ausstellung vom Alltag der einfachen Leute an der Küste anno 1900. Besucher werfen einen Blick in originalgetreu eingerichtete Wohnräume wie Stube, Küche, Schlafzimmer und Diele und entdecken Exponate zu Fischerei, Seefahrt, Lotsenwesen und Seenotrettung.

Link:
www.rostock.de/barrierefrei 

Sächsische Schweiz: Festungslegende und Blütenkunst

Blüten, die nie verwelken: Mit Fingerfertigkeit bewahren die sogenannten "Blümelfrauen" in der Deutschen Kunstblume Sebnitz ein beinahe ausgestorbenes Handwerk. Foto: Anna Meurer

Blüten, die nie verwelken: Mit Fingerfertigkeit bewahren die sogenannten "Blümelfrauen" in der Deutschen Kunstblume Sebnitz ein beinahe ausgestorbenes Handwerk. Foto: Anna Meurer

Tafelberge, Felsentürme und mystische Schluchten: Die Nationalparkregion Sächsische Schweiz ist bekannt als wildromantisches Wanderparadies. Doch die Region an der Grenze zu Böhmen bietet nicht nur spektakuläre Naturkulissen, sondern auch zahlreiche sehenswerte Museen und Ausstellungen.

Bekannteste Sehenswürdigkeit und zugleich auch Vorreiter in Sachen Barrierefreiheit ist die Festung Königstein. Etwa 500 000 Besucher erobern die spektakulär auf dem Plateau eines Tafelbergs gelegene historische Wehranlage pro Jahr. Dank Aufzug, Tastmodell, Audioguides in Leichter Sprache und Videoguides in Gebärdensprache finden auch Menschen mit verschiedenen Einschränkungen Zugang zur reichen, mehr als 800-jährigen Geschichte des Ortes. Neu sind kostenlose Sensorybags – mit kleinen Spielen und Hilfsmitteln gefüllte Taschen – die nach Anmeldung zum Verleih stehen.

Eine aus Europa fast gänzlich verschwundene Handwerkstradition hält die Manufaktur Deutsche Kunstblume Sebnitz lebendig. Seit 1834 werden hier in Handarbeit aus Seide, Taft und Samt kunstvolle Replikate natürlicher Blüten hergestellt. Bei einem barrierefreien Rundgang können Interessierte den Blümelfrauen auf die Finger schauen und sich anschließend sogar selbst darin versuchen.

Zur Begegnung mit dem Jahrhundertkünstler Caspar David Friedrich lädt eine multimediale Ausstellung in Bad Schandau. Die immersive Schau „CDFriedrich inspiriert“ in den Räumen der ehemaligen Touristinformation am Markt in Bad Schandau ist sowohl multimediales Denkmal als auch virtuelle Galerie.

Das winterliche Veranstaltungshighlight in der Region ist das Kulturfestival Wintersterne Sächsische Schweiz. Zwischen 30. Januar und 8. Februar 2026 bietet es an vielfältigen Orten Konzert, Comedy, Kreatives und mehr. 

Links:
www.saechsische-schweiz.de/urlaub/barrierefrei-reisen 
www.winter-sterne.de 

Eifel: Größenwahn und Landidyll

Beeindruckender Gedächtnisort: Die ehemalige NS-Ordensburg ist heute sowohl Museum als auch Begegnungsstätte. Foto: Vogelsang IP

Beeindruckender Gedächtnisort: Die ehemalige NS-Ordensburg ist heute sowohl Museum als auch Begegnungsstätte. Foto: Vogelsang IP

Basaltkegel, Maare, Hochmoore und Thermalquellen: Die Eifel, an der Grenze zu Belgien und Luxemburg gelegen, ist eine in Deutschland einmalige Gebirgslandschaft. Für Kulturinteressierte bietet die Region eine besonders hohe Dichte an Burgen und Klöstern.

Ein seltener Gedächtnisort liegt inmitten des Nationalparks Eifel: die ehemalige NS-Ordensburg Vogelsang. Es ist eines der größten Bauwerke aus der Nazizeit und beherbergt heute mit Vogelsang IP ein internationales Forum für Erinnerung und Bildung. Neben einer Dauerausstellung zur Geschichte der NS-Ordensburgen findet sich hier auch die Ausstellung  Wildnis(t)räume des Nationalparkzentrums. Die Anlage ist nach „Reisen für Alle” zertifiziert. Taktiles Leitsystem, Multimedia-Guide, Informationen in Brailleschrift und Induktionsschleife an der Besucherinfo sorgen für umfassende Barrierefreiheit.

Ebenfalls nach „Reisen für Alle” zertifiziert ist das LVR-Freilichtmuseum Kommern. Etwa 80 historische Gebäude – Bauernhäuser, Windmühlen, Werkstätten und mehr – wurden hier zu einem der größten Freilichtmuseen Europas zusammengetragen. Gruppiert zu regionaltypischen Ensembles geben die Baudenkmale Einblicke ins einstige bäuerliche Leben im Rheinland. Mit Vorführungen traditioneller Handwerke und der Haltung historischer Nutztierrassen wird Regionalgeschichte zum hautnahen Erlebnis. Nächstes Highlight ist der Advent für alle Sinne am 29. und 30. November.

Noch weiter zurück auf dem Zeitstrahl entführt die Niederburg Manderscheid nördlich von Trier. Per Augmented Reality und 360-Grad-Videos tauchen Besucher in das Leben auf einer Burg im Mittelalter ein. Alle wesentlichen Informationen werden dabei auch in Leichter Sprache bereitgestellt. Burghof, Sanitäranlagen und Touristinformation sind barrierefrei, ein Tastmodell vermittelt auch blinden Besuchern einen Eindruck von der Anlage.

Link:
www.eifel-barrierefrei.de