Im Kräutergarten Klostermühle gibt es Heilkräuter, Duft- und Gewürzpflanzen zu riechen und zu ertasten.

Parks und Gärten für blinde Menschen

Den Frühling fühlen und riechen

Den Duft der Narzissen in der Nase, die Sonnenwärme im Gesicht, das Zwitschern der Vögel im Ohr: Muss man den Frühling sehen können, um ihn zu lieben? Einige deutsche Reiseregionen laden mit ihren Angeboten gezielt blinde und sehbehinderte Menschen ein, die Rückkehr des Lebens in die Natur zu erleben. Ihre Angebote inspirieren auch Sehende zu entspannten Frühlings- und Frühsommertagen.

Südliche Weinstraße: wo die Mandelbäume blühen

Spätestens im März, zwei Wochen früher als überall sonst in Deutschland, erwacht die Natur an der Südlichen Weinstraße aus dem Winterschlaf. Während in manchen Alpentälern noch Schnee liegt, verwandeln die früh blühenden Mandelbäume die romantische Landschaft von Bockenheim bis Schweigen-Rechtenbach bereits in ein zart duftendes Märchenreich. Das Naturschauspiel feiert die Region vom 1. März bis zum 14. April mit den Pfälzer Mandelwochen. Dazu gehören Deutschlands erstes Weinfest, Wanderungen, Picknicks, Genießer-Touren und vieles mehr.

Blinde und sehbehinderte Gäste sowie Menschen im Rollstuhl erhalten im Kräutergarten Klostermühle eine Führung.

Blinde und sehbehinderte Gäste sowie Menschen im Rollstuhl erhalten im Kräutergarten Klostermühle eine Führung. © JackSenn, Bildarchiv Südliche Weinstrasse e.V.

Ab Juni liegen die Aromen der Provence in der Luft, zumindest im Kräutergarten Klostermühle. Auf dem 6000 Quadratmeter großen Areal eines ehemaligen Zisterzienserklosters blühen mehr als 20 Lavendelsorten. In der hauseigenen Destille werden daraus Lavendelöl, Duftwasser und Sirup. Der Heilpflanze des Jahres 2008 widmet das Kräutergartenteam im Juni sein Lavendelfest. Doch auch zahlreiche weitere Heilkräuter, Duft- und Gewürzpflanzen sind in der Anlage zu ertasten und zu riechen. Blinde und sehbehinderte Gäste erhalten auf Anfrage spezielle Führungen.

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Erfurt: barfuß durch den Park

Im Duft- und Tastgarten im egapark wurden Hochbeete mit Handläufen angelegt.

Im Duft- und Tastgarten im egapark wurden Hochbeete mit Handläufen angelegt. © egapark Erfurt/Christian Fischer

Nur wenig später als an der sonnenverwöhnten Südlichen Weinstraße zieht der Frühling auch im Herzen Deutschlands ein. Im denkmalgeschützten „egapark“ in Erfurt, der Ende des 19. Jahrhunderts aus einer ehemaligen Stadtfestung hervorging, recken sich ab März Tulpen und Narzissen aus der Erde, Knospen von Magnolien und Kornelkirsche öffnen sich. Für blinde und sehbehinderte Menschen bieten neben den Düften der Frühlingsblumen vor allem der Duft- und Tastgarten, der Barfußweg und der Ideengarten ein intensives, sinnliches Erlebnis.

Im Duft- und Tastgarten im egapark erklären Fühltafeln in Brailleschrift die Pflanzen.

Im Duft- und Tastgarten im egapark erklären Fühltafeln in Brailleschrift die Pflanzen. © egapark Erfurt/Christian Fischer

Im Duft- und Tastgarten erleichtern Hochbeete und Handläufe den Zugang zu den Pflanzen, Fühltafeln in Brailleschrift mit plastischen Abbildungen erklären, welches Gewächs sich dahinter verbirgt. Der Barfußweg befindet sich im historischen Parkgelände auf dem Naturlehrpfad. Hier geht es darum, die Natur mit den Sinnen zu erleben. Im Ideengarten, der Inspirationen für das eigene Beet liefert, dürfen später im Jahr sogar reife Früchte verkostet werden.

Link zum egapark


Ostfriesland: im Rhododendrenparadies

Ab Ende April lohnt sich für Frühlingsgenießer eine Fahrt in den Norden der Republik. Im Ammerland, einer beschaulichen Kulturlandschaft mit romantischen Schloss- und Bauerngärten, hübschen Parks und Baumschulen im Süden Ostfrieslands, ist der Duft von blühenden Rhododendren dann allgegenwärtig. Mit 70 Hektar ist der Rhododendronpark Hobbie bei Westerstede Deutschlands größter Park dieser Art. Unter dem Schutz hoher Kiefern und exotischer Nadel- und Laubgehölze stehen Tausende Alpenrosen.

 

Der Park der Gärten in Bad Zwischenahn hat sich ganz auf Menschen mit Handicap eingestellt.

Der Park der Gärten in Bad Zwischenahn hat sich ganz auf Menschen mit Handicap eingestellt. © www.ostfriesland.travel

Einmalig in Europa ist auch der Bestand dieser Pflanze im barrierefreien Park der Gärten in Bad Zwischenahn im Ammerland. Es ist Deutschlands größte Mustergartenanlage. Über 2000 Arten und Sorten blühen zwischen April und Oktober. Doch nicht nur die Rhododendren sind ein Erlebnis für die Nase. In der Kleinen Duftarena sind Stauden und Sträucher zu verschiedenen Duftgruppen kombiniert.

Je nach Jahreszeit und Sonneneinstrahlung entfalten Kaskadenthymian, Apfelminze und Nachtviole ihre Aromen. Nach Zimt und Salbei riecht es in den Duftorgeln. Sie gehören zur Blinden- und Impressionslandschaft, in der auch andere Sinne angesprochen werden. Ein Blindenbrunnen zischt, wenn man ihn anfasst, einem Tanzglockenspiel sind durch Hüpfen und Springen helle Töne zu entlocken.

Im barrierefreien Klostergarten Ihlow im Nordwesten Ostfrieslandes werden Kräuter und Pflanzen aus dem Mittelalter kultiviert. Ein Klosterverein und die engagierten „Klostergartenfrauen“ haben auf der Anlage verschiedene thematische Gärten nach überlieferten Vorbildern gestaltet. Führungen für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung können angefragt werden.

Links zu den Parks in Ostfriesland


Lausitzer Seenland: Rosenduft und Wasserspiele

Im Ostdeutschen Rosengarten Forst  im Lausitzer Seenland ist der Duft der Rosen allgegenwärtig.

Im Ostdeutschen Rosengarten Forst im Lausitzer Seenland ist der Duft der Rosen allgegenwärtig. © Stadt Forst (Lausitz), Fotograf Annette Schild

Auch das Lausitzer Seenland zwischen Berlin und Dresden, bekannt für seine spektakuläre Metamorphose vom Bergbaurevier zum Urlaubsparadies, bringt sich als Geheimtipp für Gartenfreunde ins Spiel. Zwischen Mai und Oktober entfaltet die Königin der Blumen im Ostdeutschen Rosengarten in Forst ihren intensiven Duft. 1913 ursprünglich als einmalige Rosen- und Gartenbauausstellung geplant, gehört die barrierefreie Anlage mittlerweile zu Deutschlands schönsten Parks.

Botanische Besonderheiten wie die Grüne Rose oder die Stacheldrahtrose sind hier zu erleben. Ein Duftgarten und acht unterschiedliche Brunnen verwöhnen Nase und Ohren. Das Anfassen der Pflanzen und das Betreten der Wiesen sind ausdrücklich erwünscht. Für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es einen vollständig in Brailleschrift und Schwarzschrift gefertigten Parkführer mit taktilen Bildmotiven. Auch Führungen sind auf Anfrage möglich.

Link zum Ostdeutschen Rosengarten